Dialog mit Ulrike.

Das folgende Gespräch haben wir in den letzten Tagen per eMail geführt. Für einen besseren Lesefluß habe ich die Grußformeln entfernt.

Betreff: Sehnsucht nach Entspannung.

Hallo Tom, ich bin ein sehr verkrampftes und unentspanntes Ich, auf der Suche nach Frieden. Vielleicht würde es mir Entspannung geben wenn mein Verstand eine Bestätigung hätte, dass die Selbsterkenntnis des einfachen Seins weder getan, noch verhindert werden kann (also kann auch nicht verpasst werden), sondern geschieht oder eben nicht und der ewige Sucher einfach bis zu seinem Tod (wie auch immer) bleibt? Wenn da keine Antwort ist, ist das auch gut :-).

Ich könnte mir vorstellen, dass Du schon sehr oft gelesen und gehört hast, dass es da nichts zu tun gibt. Dass alles schon ok ist, genau so wie es ist. Haben Dir die Worte den ersehnten Frieden gebracht? 😉

Oder anders gesagt: wenn Du an Gespenster glaubst, wie weit wäre Dir geholfen, wenn Dir jemand beibringt keine Angst mehr vor ihnen zu haben? Würdest Du nicht trotzdem weiterhin vorsichtig unters Bett gucken, bevor Du Dich schlafen legst? Würdest Du dort nicht weiterhin die Dinge sehen, die Du für Gespenster hältst? Vielleicht kann die Angst davor wegfallen, dass sie Dir etwas tun. Aber wäre es nicht noch sinnvoller den Glauben an Gespenster komplett in Frage zu stellen? Die alten Wäschestücke einfach mal unter dem Bett hervorzuziehen und zu sehen, dass das keine Gespenster sind, sondern nur eine alte Decke und ein Hemd?

Kannst Du mir Dein verkrampftes und unentspanntes Ich zeigen, oder nur eine alte Decke? 😉

Vielen Dank Tom für Deine schnelle, motivierende Antwort. Ich habe erstmal äußerlich praktiziert und alte Wäschehaufen beseitigt 😉 und dabei mal nachgeschaut was da so verspannt und krampft in mir. Meine Aufmerksamkeit kann da ganz reinspüren und oder die Verspannung distanzierter betrachten. Ich kann auch eine stille Ebene (Beobachter) beobachten, aber nicht darin eintauchen. Es ist als ob da eine Wand zwischen Empfindung und stillen Beobachter wär. Ein dünnes Häutchen, welches schmerzt. (Sone Art gleichstarkes Tauziehen zwischen Kopf und Herz vielleicht, wo beide Seiten gleichzeitig wahrgenommen werden) Es scheint mir auch unmöglich mit einem Blick meine wahre Natur zu sehen.

Ich hatte heute Nacht einen Traum, der vielleicht eine Botschaft in Bezug auf „Gespensterentlarvung :-)“ mir bot, da er mir beim inneren Forschen einfiel. Ist ja nur eine Geschichte, die ich vielleicht nicht verstehen muss, aber vielleicht ist doch ne Perle drin verborgen, die ich nicht finde…
Ich verließ mit einem Begleiter ein Gebäude und betrat eine Art Park, als plötzlich zwei Tiger im Hintergrund mir auffielen. Bei deren Betrachtung, rannte plötzlich ein, mit einem Pfeil im Rücken gejagtes, Wildschwein zwischen den Tigern in unsere Richtung. Mein Begleiter stellte sich sofort regungslos hinter einen Baum während ich nach den ersten Schrecksekunden auch Schutz suchte und mich hinter einen kleinen Busch flüchtete. Ich wußte dass ich schutzlos war, ich schloss die Augen und wartete zitternd darauf vom rasenden Wildschwein zerfleischt zu werden und zu sterben. Aber was geschah war, ich spürte ohne hinzuschauen einen leichten Biss an meinem rechten Handgelenk, eher ein Knappen, was Zahnabdrücke hinterlässt. Nach einer kurzen Weile war das Schwein verschwunden und ich erleichtert…

Verbirgt sich Deinen Meinung nach eine tiefere Erkenntnis für mich in Bezug auf Selbsterkenntnis darin?

Ich bin Dir für eine Antwort sehr dankbar, da hier scheinbar Verwirrung herrscht und Unklarheit.

Einen Traum kann man natürlich deuten, wenn man möchte. Mir würden dazu schon einige Geschichten einfallen. Aber ich wüsste nicht, wie das etwas zur Gespensterjagd beitragen könnte.

Ich picke mir mal einfach etwas heraus: der Beobachter. Der wird ja häufig bemüht, bringt aber auch ein Rätsel mit: wer beobachtet den Beobachter? Wenn der Beobachter sieht, dass da Verspannungen sind – wer sieht dann, dass da ein Beobachter ist? Aber Du hast den Beobachter ja in Klammern gesetzt. Eigentlich sprichst Du von einer stillen Ebene. Und das ist schon etwas ganz anderes. Kannst Du mehr darüber sagen, als Du es schon getan hast? Ich verstehe es so, dass Du zwar sagen kannst, dass sie da ist – aber mehr auch nicht. Du kannst nicht „eintauchen“, sie also nicht untersuchen, nichts über sie sagen. Ist das so gemeint? In welcher Beziehung steht sie zur Wahrnehmung? Und zu „Dir“?

A propos: Du hast zwar Dinge beschrieben, die Du beobachtest. Aber nichts über dieses „Ich“, was da anscheinend beobachtet. Was kannst Du über dieses Gespenst sagen?

Ich bin sehr glücklich von Dir zu lesen, da ich schon mehrere Versuche gestartet hab Dir zu schreiben, aber mich irgendwas immer abgehalten hat zum Ende zu kommen. Danke für Deine Mail, sie hat mich schon beim ersten Mal erreicht. Nun lass ich meine Zögerlichkeit einfach beiseite. Hier mal meine anfänglichen Zeilen:

(10.01. früher Abend)

Hallo Tom,

Deine letzte Antwort hat große Wirkung auf „mich?“. Ich wollte gestern Abend noch schreiben, habe erst mal sacken lassen…
Die Dringlichkeit ist größer geworden und damit der Wille zu Erkennen was nicht real ist. Mir ist auch bewusst geworden, möglichst immer frisch zu schauen, fern ab von Geschichten, Träumen usw.. Innenschau bewirkt nun stärkeren Druck im Herzen und die Angespanntheit im Körper ist größer geworden. Beides wird wahrgenommen von einem Ort im Kopf. Ich kann von da aus kein Ich-Gespenst entdecken und doch geht von diesem Punkt eine Verbindung zum Druck im Herzen und Verkrampfung im Körper aus.

Die stille Ebene wird wohl nur durch die Wahrnehmung im Kopf gesehen. Wenn ich aber mich auf die starken Empfindungen im Herz konzentriere dann ist wie ein Wechsel vom Kopf in eine Weite und wieder Zurück….Ja ich kann wechseln. Mir kommt gerade der Gedanke, don’t touch the I…. Während ich nun hier sitze und seit 1 Stunde an dieser Mail tippe bin ich in die „Weite“ gerutscht, wie Schalter umgelegt :-), riesig freu. Ich seh‘ „hier“ nichts…

(11.01. mittags)

Lieber Tom,

da war eben so eine Ahnung, das es nun Zeit wird für „Es“ sich zu entdecken, vielleicht gerade durch Deine Fragen. Da ist eine Freude, eine Direktheit und totale Bereitschaft Dir in Deiner Fragestellung zu folgen – Dankbarkeit….
Gestern Abend hab ich nur noch gesessen und in einem Strudel von Gefühlen gebadet.

Ich probier jetzt mal Deine Fragen möglichst einfach und klar zu beantworten.

„Wer beobachtet den Beobachter? Wenn der Beobachter sieht, dass da Verspannungen sind – wer sieht dann, dass da ein Beobachter ist?“

Wenn ich mich auf den Beobachter konzentriere, dann merke ich wie dieser im Wahrnehmen verweilt. Er wird zum Zentrum der Wahrnehmung. Er ist mit der Wahrnehmung verknüpft. Mein Herz erfährt dadurch Erleichterung.

„Eigentlich sprichst Du von einer stillen Ebene. Und das ist schon etwas ganz anderes. Kannst Du mehr darüber sagen, als Du es schon getan hast?“

Wenn ich genau schaue könnte der Beobachter, der zur Wahrnehmung wird auch die stille Ebene sein…somit tauche „ich“ da nicht ein, sie ist schon entfaltet :-).

„In welcher Beziehung steht sie zur Wahrnehmung?“

Ahh hab ich schon beantwortet, schön.

„Und zu „Dir“?“
Hm, da gibt es ein Entweder oder… „Ich“ tauche in dieser Wahrnehmung nicht auf. Beim Wechsel in den Kopf hinein ist da wieder das Ich-Gespenst als Realität :-(. Aber ich kann zu diesem Ich nichts sagen.

Ich habe ein wenig Schwierigkeiten Dir zu folgen, weil ich mit den Begriffen „Herz“, „Verstand“ und „Kopf“ nicht viel anfangen kann. Mit Kopf und Verstand sind sicherlich die Gedanken gemeint. Aber wenn Du schreibst, dass etwas von einem Ort im Kopf wahrgenommen wird, hab ich schon fast wieder mein Gespensterjäger-Outfit an. Noch schlimmer ist es beim „Herzen“. Das sind alles angelesene Rollenspiele, die mit der Realität nicht viel zu tun haben.

Bitte überprüfe mal, ob da wirklich ein Herz ist, das fühlt – oder ob da einfach nur die Wahrnehmung eines Gefühles ist. Kannst Du einen Verstand finden, der etwas denkt – oder sind da einfach nur Gedanken?

Überprüfe auch mal, ob die Wahrnehmung innerhalb des Kopfes stattfindet. Wo genau geschieht das Hören? Oder das Sehen? Wenn das im Kopf sein soll, muss es doch eine Grenze zwischen diesem Innen und dem Aussen geben. Aussen dürfte kein Hören sein, innen aber schon. Wo ist die Grenze zwischen innen und aussen?

Im letzten Teil Deiner Mail zum Beobachter und der stillen Ebene bist Du wesentlich klarer. Aber es wäre wirklich wichtig Dir klar zu machen, dass es nicht mehrere Orte der Wahrnehmung gibt. Es wird nicht im Herzen gefühlt und im Verstand gedacht. Genau so wenig, wie der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Das sind alles Vorstellungen. Aber um die Wahrheit zu erkennen, muss man wissen, was real ist und was Illusion.

Der Direktheit der Hinweisung deiner Worte kann ich gut folgen.
Erleichterung :-)… Kein Herz, kein Verstand! Kein Innen und Aussen festzulegen. Nur EINE Wahrnehmung, in der alles wie Film gesehen wird und trotzdem involviert ist.
Trotzdem ist da keine Klarheit, aber auch gleichzeitig das Wissen, dass das Ringen um Klarheit nur Gedanken und Gefühle sind, die Klarheit scheint immer „dahinter“ oder „davor“.

Der Trick zum „Klick“ ist vielleicht die Suche nach Klarheit zu lassen und einfach nur die Wahrnehmung wahrzunehmen.
Wahrscheinlich gibt es sogar weder einen Trick noch einen Klick :-).
Dieser eine Moment, das direkte Sehen, Anhalten, Stoppen und dann das „WIE soll das geschehen?“ steigt auf…

Mir ist auch klar, dass ich jetzt arg vom Untersuchen zum gedanklichen Jonglieren abgedriftet bin…

Ich dachte immer es braucht das starke Wollen bis zum Schluß, aber ich glaub ich spring auf den Druck nicht mehr auf wenn er auftaucht. Das probier ich mal aus…

Vielleicht steckt hinter dem „klaren Sehen“ eine Vorstellung, wie das zu sein hat. Es gibt auch nur genau diese eine Hürde: dass irgendetwas anders sein soll, als es jetzt gerade ist. Aber wie soll das gehen? Es wird immer nur gedacht, was jetzt gerade gedacht wird, gefühlt, was jetzt gerade gefühlt wird. Mehr ist da nicht. Etwas anderes kann da nicht sein. Das Gefühl, dass die Klarheit immer „dahinter“ oder „davor“ ist, ist bereits selbst klares Sehen – weil es das ist, was jetzt gerade gefühlt wird. So einfach ist das. Vielleicht zu einfach?

Du siehst am Horizont diese glitzernde Wasserfläche. Aber Du hast bereits entdeckt, dass es sich nur um eine Fata Morgana handelt. Jetzt erwartest Du, dass ein „Klick“ diese Illusion wegwischt und Du dann was genau „klar sehen“ kannst? Die Wahrheit? Aber die Wahrheit ist, dass da eine optische Illusion ist, die den Eindruck vermittelt, dass am Horizont Wasser ist. Die Erkenntnis liegt nicht darin, dass die Illusion verschwindet, sondern im Durchschauen der Illusion.

Das Durchschauen der Illusion geschieht in dem ich da verweile und mich nicht mehr wegbewege wo ich die Quelle meiner Lebendigkeit ausgemacht habe? Kann ich hier noch willentlich im Sinne von Tun irgendwo hinzuschauen, oder gibt es hier nur Vertiefung?

Ich weiß nicht ob ich die glitzernde Wasserfläche als Fata Morgana entdeckt habt im gleichen Sinne wie Du es meinst. Ich mess alles mit dieser einen Lebendigkeit und die ist nur hier und real und wirklich belebt, das Gesehene irgendwie nicht. Reicht das als Sehen, oder muss ich noch erkennen wie und wo Erfahrenes genau herkommt um zu Durchschauen, das es nicht real ist?

Ich werde Deine letzte Mail noch ein paarmal lesen…

Lassen wir mal das Wasser und nehmen das „Ich“ – dieses alte Gespenst. 😉 Du bist eingestiegen mit der Aussage, Du wärst ein „unentspanntes Ich auf der Suche nach Frieden“. Doch Du hast feststellen können, dass dieses „Ich“ nicht Deine wahre Natur ist. Du hast Dich selbst als die „stille Ebene“, den „Beobachter“, die „Quelle der Lebendigkeit“ oder auch die Wahrnehmung selbst erkannt. Das ist real, das Gesehene nicht – schreibst Du selbst.

Ist das „unentspannte Ich“ nun real oder nicht real? Du hast erkannt, dass es nicht das ist, was Du eigentlich bist. Aber trotzdem ist es weiterhin da, oder nicht? Es taucht ständig in dem Gesehenen auf. Tanzt Dir auf der Nase herum. 😉 Du kannst es also weiterhin sehen, wie die glitzernde Wasseroberfläche. Beide sind als Illusion real. Sind existieren als Illusion und werden nicht durch das Erkennen der Wahrheit verschwinden.

Das „unentspannte Ich“ gibt es nur als Illusion. Sie wird nicht vergehen, aber es gibt auch keinen Grund sich groß darüber aufzuregen. Was ist die „stille Ebene“ anderes als Frieden…?

Wer braucht denn noch ein Erwachenserlebnis wenn er stattdessen Frieden haben kann? 😉 Nur noch mein „unentspanntes Gespenst“. Hier braucht’s weder ein Erwachen noch Erleuchtung… Entspannung ist da! Das Suchen hat sein Ziel erfüllt bekommen. Aber Suchen hört nicht auf…. Oder Fragen wie oder wohin geht’s weiter? Was fehlt noch?… Aber der Frieden kann auch das da sein lassen…

Es ist wie der Beginn einer Entdeckung.

Es ist immer ein Beginn. Ich hatte mal ein sehr berührendes Gespräch mit einem alten Zen-Meister. Wir haben über dieses Entdecken gesprochen und waren uns beide einig: es gibt nur Anfänger – keine Meister. 🙂

Es werden immer Gedanken da sein, die suchen und erklären wollen. Das ist die einzige Aufgabe des Verstandes. Und das ist ja auch sehr nützlich. Aber wie beim Küchenradio, muss man ja nicht immer zuhören.

Zumal es viel schöner ist in die Stille einzutauchen…

Es ist sehr aufregend wie sich das Leben entfaltet, wie durch Kommunikation und Führung Erkenntnis eintritt und Frieden.
Ein Text hat mich gestern Abend spät noch „zufällig“ erreicht, der total Resonanz bei mir findet. Ich hab nie ernsthaft meditiert, aber das Bedürfnis ist da mir bewusst nun Zeit und Raum dafür zu gönnen. Vielleicht vollzieht das Leben wie im letzten Abschnitt beschrieben noch die komplette Enthüllung…
Nun gilt es noch zu reifen, wachsen und ins Leben zu wurzeln.
Du hast als liebevoller Gärtner ein Samenkorn an seinen richtigen Platz gebracht :-).

+*+~**~~*+GROSSARTIG!+~*****~~~~~~~~~~*

Eine stille Dankbarkeit für diese kostbare Leichtigkeit.

Danke!