Freitag, 16 Uhr
Angekommen in meiner „Klosterzelle“. Es ist so unglaublich still hier. Schleiche durch’s Gebäude, richte meinen Sitzplatz ein.
Freitag, 19 Uhr
Beim Abendessen durfte noch geredet werden. Einige kennen sich, andere lernen sich ein wenig kennen. Es gibt einige Kostproben von „tiefem spirituellen Verständnis“. Freue mich auf die Abendmeditation – und das Schweigen.
Freitag, 21:30 Uhr
Warum mache ich das nur? Ich habe Ohrenschmerzen. Und unbequem sitzen kann ich auch zuhause. Die äußere Stille, die ich sonst so vermisse, erdrückt mich ein wenig. Entsprechend unruhig war auch das Sitzen vorhin.
Ich suche nicht das, was man hier sucht. Es ist hier. Jetzt. Immer da. Aber alle tun so, als könne sich ein Fisch auf die Suche nach Wasser machen. Als wäre das Wasser irgendwo ausserhalb des Sees zu finden. Ich würde so gerne eine riesen Wasserschlacht mit allen machen – plantschen und spritzen. Statt dessen warten alle auf die Flut. Wer schwimmt mit mir?
Samstag, 6 Uhr
War schon lange vor dem Wecker wach und habe auch ganz gut geschlafen. Werde schon mal losziehen und Kaffee suchen.
Samstag, 8:30 Uhr
Ist man mit der letzten Erkenntnis allein? Ich kann sie in Zitaten lesen. „Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit“ steht auf unserem Tagesplan. Die Worte können nicht erklären worauf sie verweisen. Sie sind wie ein Wegweiser, der nichts über das Ziel aussagt. Nur weil da steht „zur Erleuchtung rechts abbiegen“, heisst es noch lange nicht, dass dort auch Erleuchtung zu finden ist. Da rechts kann gar nichts sein und trotzdem gibt es den Wegweiser. Und auch wenn sie dort rechts ist, hat das wiederum nichts mit dem Wegweiser zu tun.
Samstag, 10:30 Uhr
„In vollkommenem Misstrauen auf mich selbst…“ – was für wunderbare Worte. Bei der Rezitation der vier Gelöbnisse gab es diese Ergänzung von Pallotti, die mich wirklich berührt hat. Stand da wirklich „Misstrauen“? Ich habe es nach dem Sitzen sogar noch einmal nachgesehen. Einfach wunderbar.
Samstag, 14:30 Uhr
Das Dokusan war sehr aufwühlend… Aber ich glaube, es wurde deutlich mehr mitgeteilt, als es die reinen Worte konnten. Eine kleine Geschichte über das Allein-sein habe ich mit auf den Weg bekommen. Sie endet mit: „Du hast so viel guten Wein getrunken und behauptest immer noch, Deine Kehle wäre nicht feucht geworden?“ Ich glaube, es geht gar nicht um das Nicht-mitteilen-können. Es ist eher so, dass ich mich so reich beschenkt fühle und diesen Reichtum gerne teilen würde – aber wie? Bisher habe ich nur einen Weg gefunden: zu sitzen.
Samstag, 18:30 Uhr
Meine Knie und mein Rücken haben bei der letzten Einheit vor der Eucharistiefeier so geschmerzt… Nach der Bewegung in der Pause ging es aber wieder. Während der Feier habe ich auf meinem Hocker gesessen. Alles war gut. Dabei werde ich auch für die Abendmeditation bleiben.
Samstag, 21:15 Uhr
Unfassbar, dass ich diesen Tag durchgestanden habe. Für meinen Hocker brauche ich vielleicht noch ein Keilkissen. Aber sonst hat sich meine Konstruktion sehr bewährt.
Es gab ein zweites Dokusan zur Abendmeditation. Im nicht ganz so förmlichen Rahmen gab es Gelegenheit etwas länger zu sprechen. Es ist so schwer darüber zu sprechen, wenn jedes Wort es nicht vollständig ausdrücken kann. Aber es tat gut und hat vielleicht einen neuen „Weg“ aufgetan.
Sonntag, 10:30 Uhr
Wie konnte ich bisher nur die Größe dieses Weges übersehen? Nun bin ich so voller Dankbarkeit es zumindest ein wenig erkennen zu dürfen. Als beim Teisho das erste Gelöbnis zitiert wurde, liefen mir Tränen über die Wangen. Da ist tiefe Dankbarkeit für alle, die diesen Weg gehen. Und Dankbarkeit für die Menschen, mit denen ich hier in Stille sitzen darf.
Sonntag, 13:15 Uhr
Also dem langlebigen Teppichboden kann ich es ja nicht übel nehmen – aber es ist unglaublich, wie hart eine weiche Matte und eine weiche Decke werden können. Leider bedeutet „kaum auszuhalten“, dass man es eben doch so gerade noch ertragen kann.
Sonntag, 19 Uhr
Kleines Fazit: ich habe 10x3x25 min. = 12.5 Stunden auf dem Meditationskissen verbracht. Mir tun die Knie weh und all‘ meine Sachen riechen nach Räucherstäbchen.
Keine Worte können beschreiben, was ich erlebt habe.